Über den Filmemacher Dieter Wieland:
Interviews und Einordnung
Über 250 Filme hat Dieter Wieland produziert. Heimatfilme. Filme über eine verschwundene Heimat. Das macht seine Arbeit so aktuell, weit über seine bayrisch-fränkische Heimat hinaus. Sprachgewaltig, engagiert, zornig und feinfühlig, geschichtsbewusst und detailverliebt, ohne das Ganze aus den Augen zu verlieren, stets akribisch recherchiert, kurz: Jeder seinen Filme ist ganz großes Kino. Und deswegen bekommt er im MuWa eine Extraseite gewidmet.
Denn Wieland legt unerbittlich seine Finger in die Wunden: Er zeigt auf, wie wir es geschafft haben, ein jahrhunderte altes Erbe in nur einer Generation auszulöschen, plattzumachen, zuzubetonieren und flurzubereinigen. Auf Kosten der Dörfer, der Landschaft, der Kultur und der Gemeinschaft. Und deshalb sind seine Filme heute aktueller denn je, um uns zu erinnern und zu retten, was noch zu retten ist. Und das wird von Jahr zu Jahr weniger …
Interview zum 80. Geburtstag
Der zornige Filmpoet Dieter Wieland
Unser Dorf soll hässlich werden
Die Gärten der Deutschen
Topographie: Der Zaun
Wielands Hingabe gehört der „Liebe für Qualität“ in allen Epochen. Es sei daher keine negative Weltsicht, die ihn antreibe, und er sei daher auch kein rückwärtsgewandter Kritiker der Moderne.[3] Gleichwohl kritisieren seine Filme vor allem die Zerstörung alter, gewachsener Strukturen und deren oft gedankenlose Ersetzung durch Neumodisches und Minderwertiges; der Blick ist dabei stets auf die Details gerichtet. Seine Themen erstrecken sich von der Natur über die Landschaftsgestaltung, Kulturlandschaft bis hin zur Architektur und Gestaltung der Dörfer und Städte.
Beispielsweise schildert er, wie im Rahmen der Flurbereinigung, die auf Ertragssteigerung und eine maschinengerechtere Landwirtschaft abzielt, alte bäuerliche Strukturen (z. B. Hecken) gedankenlos geopfert werden, die einmal mit Absicht und einem bestimmten Nutzen angelegt wurden. Modische, kitschige Trends der Haus- und Gartengestaltung (z. B. Koniferen statt Obst- oder Hausbäumen) zerstören nach Wieland das alte, zur Landschaft passende Ortsbild durch einen gleichförmigen Einheitsstil der Dörfer (z. B. durch Abbruch der Jurahäuser im Altmühltal). – Dieter Wieland, Grün kaputt, 1983
Schon kurz nach der Wende begann Dieter Wieland, erste Bestandsaufnahmen über den Zustand der Landschaften, Parks und die Entwicklung des Städtebaus in der ehemaligen DDR zu drehen. Seine Betrachtungen von Dorfkirchen in Mecklenburg-Vorpommern, die den Verfall der Bausubstanz ungeschönt zeigten, wurden zu einem teilweise erfolgreichen Rettungsaufruf. In seinen Filmen ist er selbst selten zu sehen; der Kommentar erfolgt stets als Voice-over. Charakteristisch dabei sind seine langsame und ruhige Sprechweise sowie seine melancholisch klingende Stimme.
Durch eine sorgfältige Wortwahl mit teilweise drastischen Begriffen sind seine Aussagen jedoch sehr deutlich – beispielsweise spricht er von „Jodlerstil“, „Krüppelkoniferen“ oder „Wurstzipfelfenstern“ und nennt eine flurbereinigte Landschaft „hergerichtet – abgerichtet – hingerichtet“.
Wieland kritisiert nicht grundsätzlich das Neue, sondern das seiner Meinung nach Gedankenlose, Minderwertige und Unpassende. In der Filmreihe Die große Kunst, ein kleines Haus zu bauen stellt er beispielhaft vor, wie man heute ein modernes, funktionales und zugleich gut aussehendes Haus bauen kann, das sich auch ästhetisch in die landschaftliche Umgebung einfügt.
In einem anderen Beitrag bezeichnet er die Industriezäune der Reihenhäuser in den 1980er-Jahren als Festung für Gartenzwerge, Westwall für Dackel und Maulwürfe, Maschinenschnörkel wie gefrorene Regenwürmer, Spritzgebäck vom Betonkonditor, verzinkten Theaterdonner.
„Ein Kahlschlag geht durchs Land: Begradigung, Bereinigung, Erschließung, Beschleunigung, Kanalisierung, Neuordnung, Verordnung, Verödung. Das Land wird hergerichtet – abgerichtet – hingerichtet. Am Ende bleibt nur das Korsett des öden Rasters, der Triumph des rechten Winkels: Serienlandschaft. Neuordnung im ländlichen Raum; war das die Ordnung, die wir wollten?
Eine ausgeräumte, nackte Maschinensteppe, am Reißbrett konstruiert, mit schnurgeraden asphaltierten Wegen. Eine Landschaft ohne Spuren, ohne Geschichte, ohne Namen, ohne Tiere, ohne Baum und ohne jeden Strauch – international. Östliche Kolchosen sehen nicht viel anders aus.“
Aus Wikipedia